Die Sirene

Filmplakat: Die Sirene

Der Animationsfilm LA SIRÈNE von Sepideh Farsi dokumentiert das Leben des Jugendlichen Omid in Zeiten des ersten Golfkrieges in der belagerten und beschossenen Stadt Abadan im Iran.

Iran 1980. Der erste Golfkrieg beginnt. Die Angriffe des Iraks treffen die iranische Hafenstadt Abadan. Mitten im Geschehen unser Hauptcharakter. Omid spielt gerade mit seinen Freunden Fußball, als die ersten Bomben in der Ölraffinerie einschlagen und Panik ausbricht. Viele Menschen fliehen aus der Stadt. Auch die Familie von Omid. Er bleibt mit seinem Großvater, um seinen Bruder zu finden, der sofort an die Front gegangen ist. Ein guter Freund von ihm wird bei den Bombenanschlägen schwer verletzt und bittet Omid, seine Arbeit zu übernehmen, Mahlzeiten an die Menschen in der Stadt zu verteilen. So lernt Omid die verschiedensten Personen kennen, die unterschiedlich mit dem Krieg umgehen.

Eine ist die 15-jährige Pari, in die er sich verliebt. Deren Mutter ist Elohie, auch bekannt als die schwarze Nachtigall, die vor der Revolution eine berühmte Sängerin war. Essen liefert er auch an zwei armenisch-katholische Priester, die in der Kirche ein Bildnis der Mutter Gottes beschützen, und an den Chefingenieur der Raffinerie, der mit seinen Katzen weit oben in einem unfertigen Neubau lebt. Omid selbst ist ein Jugendlicher, der gegenüber seinen Freunden und seiner Familie sehr loyal ist. Er ist leichtsinnig, manchmal mutig und er entwickelt im Laufe des Films Selbstvertrauen und Entschlossenheit.

Der Animationsstil ist farbintensiv, einfach, konturlos gehalten. Es gibt wenig Schatten und Details. Standbilder werden als filmisches Mittel genutzt, um sinnlosen Tod, Leid, Trauer und Schmerz hervorzuheben. Manche aus unserer Jury erinnert die Ästhetik der Animation an Kinderserien. Dadurch passt der Stil für sie nicht zu den ernsten Themen des Filmes, wie die alltägliche Brutalität im Krieg, und berührt sie nicht.

Der Alltag in Abadan wirkt paradox: neben täglichen Bombenangriffen wird an Gewohnheiten und Traditionen wie blutigen Hahnkämpfen und TV-Serien schauen festgehalten. Speiseeis lagert neben Leichen im Kühlraum. Der Fußballplatz zeigt uns, wie weit wir uns im Krieg befinden. Nach und nach sind dort weniger Jugendliche und er zerfällt, bis er komplett zerstört ist. Das ist der Ort, an dem die Geschichte in Pastelltönen beginnt und an dem wir messen können, wie sehr die Normalität schwindet.

Die Zeit im Kino hat sich für uns sehr lange angefühlt. Wir vermuten, dass die künstlerischen Ausarbeitungen der Filmbilder und Szenen im Vordergrund der Produktion standen. Es gibt schnelle Bilder, aber es wird langsam erzählt. Dieses Erzähltempo der Handlung zeigt die Anpassungen und Abschiedsprozesse vom vertrauten Leben und Menschen im Krieg anschaulich. Die Veränderungen des Alltags sind sehr komplex und emotional und für uns nur schwer nachvollziehbar, da unsere Lebensrealitäten völlig anders aussehen. Wie Omid durch die Stadt fährt, um sein Vorhaben umzusetzen, dauert uns zu lange. Es gibt keinen dramatischen Höhepunkt und ein Spannungsbogen fehlt. Wenn wir mehr an Omids Empfindungen teilhaben hätten können, wäre er uns nicht fremd geblieben, auch wenn wir verstehen, dass das Erlebte im Krieg einen Menschen emotions- und sprachlos machen kann.

Der realitätsnahe Film ist nicht dafür da, den Ablauf des Krieges zu erklären. Er ist da, um uns sowohl das alltägliche Leben im Kriegsgebiet als auch Auswirkungen und Folgen der Angriffe zu zeigen. Es ist verständlich, wie schwer es fällt, aus seiner Heimat wegzugehen, wie loyal Menschen zum eigenen Land stehen und wie eine schwierige Zeit Menschen zusammenschweißt. Die Bilder stehen stellvertretend für die Grausamkeiten und Verluste, die jeder Krieg in unserer Welt verursacht.

Dennoch hätten wir uns gewünscht, dass es mehr Informationen zum Krieg, zur Religion und zur Kultur des Landes gegeben hätte. Viele Fragen bleiben offen. Vieles bleibt für uns von dem unbekannten Kulturkreis unverständlich. Wie waren zu der Zeit der Irak und Iran kulturell miteinander verbunden? Welche Bedeutung hat der Tanz und das Schlachten des Hahnes? Wieso bekämpfen sich Iran und Irak? Was bedeutet das Schlagen der Trommel?

Wer den Film anschauen möchte, sollte mindestens 12 Jahre sein. Aufgrund fehlenden Wissens des religiösen und geschichtlichen Hintergrundes gibt es manche Stellen, die Jüngere noch nicht verstehen. Informiert euch vorher auf jeden Fall über den Iran und den ersten Golfkrieg, sonst ist es schwierig, dem Geschehen ganz zu folgen. Generell würden wir LA SIRÈNE eher für Menschen empfehlen, die sich für die Region, die Geschichte und den ersten Golfkrieg interessieren.

tragisch
schockierend
langatmig
bedrückend
realitätsnah

Gattung:Animationsfilm
Regie:Sepideh Farsi
Drehbuch:Djavad Djavahery
Schnitt:Isabelle Manquillet; Grégoire Sivan
Musik:Erik Truffaz
Länge:100 Minuten
Kinostart:30.11.2023
Verleih:Grandfilm
FSK:12
Förderer:FFA; DFFF; Film- und Medienstiftung NRW; Deutsch-Französische Förderkommission; MFG Baden-Württemberg; Ciclic - Région Centre-Val de Loire; Région Grand Est (FR); Film Paris Region (FR)
Elterninfos:Altersempfehlung der JFJ: Ergänzend zur gesetzlichen Altersfreigabe der Jugendschutz-Experten der FSK spricht die FBW-Jugend Filmjury Filmempfehlungen und Alterseinschätzungen aus. Damit geben die mit Kindern und Jugendlichen besetzten Jurys Hinweise, ab wann ein Film aus ihrer Sicht für das junge Publikum geeignet ist. Dies soll Eltern und Kindern bei der Auswahl altersgemäßer Filme helfen, als auch Orientierung geben hinsichtlich ihrer individuellen Ansprüche.

FSK: Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) ist damit beauftragt, auf Basis des Jugendschutzgesetzes (JuSchG) zu prüfen, für welche Altersstufen ein Film keine gefährdende Wirkung hat (0, 6, 12, 16 und 18 Jahren). Die FSK-Ausschüsse sprechen Freigaben nach der gesetzlichen Vorgabe aus, dass Filme und andere Trägermedien, die "geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen", nicht für ihre Altersstufe freigegeben werden dürfen (§ 14 Abs. 1 JuSchG).

FBW Website:und das sagen die Erwachsenen
FSK Website:fsk.de;

Mit dem Filmwecker erfährst Du, wann der Film in einem Kino in Deiner Nähe läuft:
Ein Service von kino-zeit.de