Riefenstahl

Der Film Riefenstahl ist Teil eines kuratierten Programmes. Er wurde von der Jugendjury der Filmkunstmesse Leipzig (FKM) 2024, bestehend aus drei langjährigen Mitgliedern der FBW-Jugend Filmjury, als einer der drei relevantesten Filme der Messe ausgewählt und vorgestellt. Die Bewertung wurde von Phoebe Blau, 16 Jahre, verfasst.

Vor dem Dokumentarfilm RIEFENSTAHL wusste ich nur, dass Leni Riefenstahl die NS-Regisseurin des Films „Olympia“ war. Nach den 115 Minuten habe ich sie vor Augen. Und ich werde mich an sie als eine selbstsüchtige und überzeugte Nationalsozialistin erinnern, mit einem guten Händchen für Film. Aber wie wollte sie erinnert werden?

In ihren Memoiren ringt sie Seite um Seite darum, welches Bild von ihr bleiben soll. Sie versucht sich so darzustellen, dass sie keine Mitschuld an dem trägt, was in der Zeit des Nationalsozialismus geschah, und dass die damalige Politik nichts mit ihr zu tun hat. Andres Veiel ist der erste Regisseur, der Zugriff auf Leni Riefenstahls Archiv nehmen durfte. Durch den geschickten Einsatz ihrer eigenen Dokumente und Materialien gelingt es ihm in RIEFENSTAHL, eine „unästhetische“ und ungeschönte Leni zu entlarven: herrisch, kalt, bestimmend, unangenehm. Eine Frau, der es vorrangig um Ästhetik ging und die alles Hässliche verbannte. Will Andres Veiel, dass wir sie so erinnern? Die Bilder von Leni Riefenstahl sind Inszenierungen. Sie inszeniert den Nationalsozialismus in mehreren Filmen, wie DER SIEG DES GLAUBENS oder TRIUMPH DES WILLENS, später DIE NUBA und auch sich versuchte sie zu inszenieren. Wie viele Stunden wird Andres Veiel mit dem Material von 700 Kisten verbracht haben, wie viele Stunden mit der Montage? Er scheint ebenso ausdauernd einem Projekt zu folgen, mit einer Leidenschaft, die auch bei Riefenstahl fühlbar und nachvollziehbar ist.

Während des Films war ich gefangen zwischen Bewunderung und Abscheu. Ich empfinde einerseits Sympathie für Riefenstahls Leidenschaft, wenn sie über Kameraeinstellungen, Filmbilder und Ideen spricht. Gleichzeitig verurteile ich sie für ihr Handeln, ihre Einstellung gegenüber der Politik und dass sie vor all dem die Augen verschließt und ihre eigene Wahrheit erzählt.

“Sollten sich meine und folgende Generationen an sie erinnern?", frage ich mich oft. Ich finde: JA! Es ist wichtig, dass wir den aufwühlenden Dokumentarfilm sehen, um über solche Fragen ins Grübeln zu kommen: Kann man den Künstler von der Kunst trennen und welche Verantwortung haben Künstler über das, was und für wen sie es tun? Überall in Europa gewinnen rechte Parteien an Einfluss. Sie nutzen Propaganda - wie Leni Riefenstahl! Sie hat einmal gesagt, dass Kunst das Gegenteil von Politik ist und dass Kunst nicht politisch sei. Ich glaube, mit diesem Film wird wieder einmal bewiesen, dass Kunst politisch ist!

Ich hoffe, euch bewegt der Film genauso wie mich und ihr lernt etwas dazu. Ob über Leni Riefenstahl oder auch Bilder zu hinterfragen.